IF I HAD LAND UNDER MY FEET
A film by Lotte Schreiber and TK1968+ | 7min | AT 2016
If I had land under my feet is based on the project 400 – the image behind – an action and temporary memorial in public space, focusing on the visualisation of a statistical number: the number of people who drowned in the Mediterranean during the first few weeks of 2016 in their attempt to escape from war and destitution.
This was a one-off performance that made those people who had died more tangible through the targeted presence of about 200 people in public space. The assembly, position and exit of the people was staged according to directions and filmed with two cameras.
One camera was fixed at the end of the street in an upper storey apartment, giving an overview of the crowd. The second camera moved freely through the crowd and captured the individual faces of the protagonists. In this way the juxtaposition of an abstract mass versus individual became a theme.
The recordings were made in black and white in order to create a form of abstraction and so concentrate the viewer’s attention on the people’s faces. At the end, the people gradually disappear as if spirited away, until all that is left is an empty street. Lotte Schreiber
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Langer Tag der Flucht Linz 2018
If I had land under my feet @ \
Mittwoch, den 5. und Donnerstag, den 6. September 2018, jeweils ab 18.30 Uhr
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thishumanworld film festival Vienna 2016
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Preview screening on site Vienna 09/2016
Projektdokumentation
(german/deutsch)
Die Videoarbeit If I had land under my feet basiert auf dem Projekt ‘400 – the image behind’ (Sie suchten den Frieden und fanden den Tod) – Aktion und temporäres Mahnmal im öffentlichen Raum.
Das Projekt beschäftigte sich mit der Möglichkeit der Visualisierung einer statistischen Zahl. Es handelt sich dabei um jene konkrete Zahl, die besagt, wieviele Menschen bereits in den ersten Wochen dieses Jahres beim Versuch sich vor Krieg und Elend in Sicherheit zu bringen im Mittelmeer ertrunken sind.
Mit 16. Februar 2016 fanden nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen wie des UNHCR und der IOM bereits 400 Flüchtlinge nur im Jahr 2016 auf der Mittelmeerroute den Tod. Die europäischen Regierungen legen ihrerseits Zahlen vor, um die “Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen”, Horst Seehofer Deutschland: 200.000 , Asylgipfel Österreich: 37.500 , Premierminister Manuel Valls Frankreich: 30.000 .
Statt den Kriegsflüchtlingen sichere Routen nach Europa zu öffnen um dem Sterben im Mittelmeer endlich ein Ende zu setzen werden die Grenzen noch dichter gemacht. “Wir schaffen das” sagte Angela Merkel noch im September 2015, kaum ein halbes Jahr später scheint es, dass die Regierungen es am besten schaffen, Aussagen über “Obergrenzen” und entsprechende Zahlen zu nennen, die den Bürgern die innerhalb der Schengengrenzen leben eine unbestimmte Sicherheit vermitteln sollen.
Was dabei auf eine sehr zynische Art ausgeblendet wird: Hinter diesen Zahlen stehen Menschen, Einzelschiksale. Statistische Zahlenwerte sind emotionslos. Solange sie in Form abstrakter Ziffernkombinationen in Erscheinung treten, bleiben sie ohne Bedeutung. Es schien also nur logisch, in einer repräsentativen Form die Bilder der Toten zumindest so lange in der öffentlichen Wahrnehmung präsent zu halten, bis dieses Sterben endlich ein Ende gefunden hat.
Das Projekt ‘400 – the image behind’ setzte sich zum Ziel, die Toten dieser europäischen Tragödie zumindest für einen kurzen Moment in Erscheinung treten zu lassen. Dies geschah einerseits durch Schaufensterbeklebungen in Form von Piktogrammen, die herkömmlichste und verständlichste Methode um Zahlenwerte zu verbildlichen, und andererseits durch einen einmaligen performativen Akt, der die unfassbare Zahl der in nur wenigen Wochen Umgekommenen durch die gezielte Anwesenheit von 400 Personen im öffentlichen Raum greifbarer machte.
Diese Performance war Aktion, Mahnmal und Filmdreh zugleich – eine “hybride Form”. Die darüber entstandene 7-minütige Videoarbeit If I had land under my feet bleibt als abgeschlossene Form des Projekts bestehen.
Versuch einer Sichtbarmachung | An attempt at visualisation | Pokušaj Vizualizacije
Performance
Die Videoarbeit
If I had land under my feet | 7 min | AT 2016
“Ja, wenn ich Land hätte unter meinen Füßen. Ich will ja wohl, daß ihm sein Leben bleibt, doch mir auch meines. Ein ertrinkender Mensch. Seine Menschenaugen schreien mir zu, aus Todesentsetzen. Ich … Hinab mit ihm zusammen …Konnte sie nicht retten. Wasser: bittrer Tod: verloren.”
[James Joyce: Ulysses (1922), Kapitel III Proteus, Übersetzung Hans Wollschläger, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1996, S. 66.]
Durch die physische Präsenz der versammelten Menschen wurde den Toten für einen kurzen Moment ein Körper gegeben und die einzelne Person greifbarer gemacht. Die Aktion wurde, wie bereits erwähnt, mit 2 Kameras festgehalten und in eine filmische Form überführt.
KAMERA 1: Am Ende der Straßenucht wurde eine Kamera in einer höher gelegenen Wohnung fest positioniert, die die Menschenmenge im Überblick erfasste. Sie dokumentierte durchgehend die vollständige Aktion, von der Aufstellung über die Dreharbeiten auf Straßen- niveau bis hin zur sukzessiven Auflösung und letztendlich den am Ende menschenleeren Straßenzug.
KAMERA 2: Die zweite Kamera bewegte sich frei durch die Menge und rückte die einzelnen Personen ins Bild. Ein flüchtiges Vorübergehen, ein kurzer Blick in die Kamera – die Protagonisten wurden gerade eben nicht dazu angehalten den Blick in die Kamera zu vermeiden, sie sehen uns direkt an, der Blick des Betrachters trifft den des Betrachteten.
Der Film war von Anbeginn als “hybride Form“ gedacht – eine Aktion, ein Mahnmal als Filmdreh – Dokumentation einer Versammlung, sowie eigenständiges filmisches Statement. Konzeption und Organisation dieses Filmdrehs sind als politischer Akt im konkreten Sinn zu verstehen und gehen weit über ein Casting und die Dreharbeiten hinaus. Es handelte sich tatsächlich um eine Art von Mobilisierung im öffentlichen Raum / in der Öffentlichkeit.
Die Bilder wurden in schwarz/weiß gehalten, um eine Form der Abstraktion und damit eine höhere Konzentratioon auf die Gesichter der Menschen zu gewährleisten.
Das Ende der Videoarbeit bildet der Blick auf die Menge. Nach und nach verschwinden die Personen wie von Geisterhand bis zuletzt der menschenleere Straßenraum zurückbleibt. Im Abspann, der sich über 2 Minuten hinzieht, werden vor den üblichen Credits, die Namen einiger hunderter Verstorbener eingeblendet.
Ein Film über das Sein oder nicht Sein bzw. gewesen Sein.
Ein Film über Trauer und Gedenken, Dokumentation eines temporären Mahnmals.
Konzept und Umsetzung: Lotte Schreiber & TK1968
Kamera: Johannes Hammel, Martin Putz
Ton: Andreas Pils
Schnitt: Lotte Schreiber
Assistenz: Lisa Brameshuber, Patrick Elgas, Ulli Gladik, Julia Hager, Thomas Herberth, Jan Kaisersberger, Audrey Klauss, Jasmin Ladenhaufen, Sasha Pirker, Lana Prerad, Fridolin Schönwiese, Mario Sefelin, Lutz Wiskemann.